5 Fakten über Sex, die in keinem Porno vorkommen

Eigentlich ergibt diese Art der Paarung keinen Sinn.
Die meisten sexuell aktiven Arten bestehen aus zwei Geschlechtern, von denen jedoch nur eines Nachwuchs in die Welt setzen kann.

Ohne Sex dagegen könnte jedes Individuum einer Art jederzeit Nachkommen erzeugen, die seine genetischen Kopien sind – statt sich aufwändig zu zweit zusammenzutun und dabei nicht nur auf die Hälfte des Nachwuchses zu verzichten, sondern auch nur 50 Prozent der Gene beizusteuern.

Warum gibt es Sex und Geschlechter überhaupt?

Warum also die Mühe? Zwingend notwendig ist Sex jedenfalls nicht – sogar einige Wirbeltiere wie Geckos und Eidechsen vermehren sich durch diese so genannte Parthenogenese.
Aber insgesamt betrachtet sind solche Beispiele die große Ausnahme.
Auch wenn es Beispiele für Tiere gibt, die Sex aufgeben – trotz des rechnerischen Nachteils scheint Sex der ungeschlechtlichen Fortpflanzung weit überlegen zu sein.

Der Grund dafür ist bis heute Gegenstand ausdauernder Spekulation.
Die älteste These, erstmals formuliert von August Weismann im Jahr 1889, sieht den wesentlichen Nutzen von Sex in der Vielfalt der durch die Vermischung der Genome entstehenden Geschwister – die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest ein Nachkomme an eine bestimmte Situation besser angepasst sei als seine Artgenossen, steige durch die Variation.

In den 1970er Jahren postulierten Forscher mit einer ähnlichen Argumentation, dass die Gesamtheit aller Geschwister vorhandene Umweltressourcen dank ihrer Vielfalt besser nutzen könne als eine Gruppe Klone – diese Hypothese widerspricht jedoch anscheinend Beobachtungen: Sex nutzt nicht der Gesamtheit, sondern unmittelbar dem einzelnen Individuum.

Bemerkenswerterweise gibt es auch die gegenteilige These – dass Sex dazu dient, die Vielfalt auf ein erträgliches Maß zu begrenzen.
Demnach filtert Sex zu starke Abweichungen wie zum Beispiel Chromosomenanomalien heraus, weil sie die Partner inkompatibel machen.
Dafür bleiben kleinere Variationen nicht nur möglich, sondern werden durch Rekombination sogar gefördert.

Möglich ist auch, dass Sex schädliche Mutationen in Schach hält, die sich sonst ansammeln würden. Bei der sexuellen Rekombination werden ja nicht nur je eine Hälfte von zwei Genomen verbunden, die anderen Hälften fallen jeweils weg – und mit ihnen potenziell schädliche Veränderungen.

“Sex was first thought to be obvious: because we have sex, it must mean it is good, perhaps the best possible.” Handbook of Evolutionary Thinking in the Sciences, S. 500

Die bekannteste und meistdiskutierte Hypothese darüber, wieso Sex den beteiligten Individuen Vorteile verschafft, ist jedoch die so genannte Red-Queen-Hypothese – benannt nach einer Figur aus Alice im Wunderland.
Bei dieser Idee geht es um bedrohliche Parasiten und wie ihre Wirte damit umgehen.

Parasit und Wirt befinden sich in einem dauernden Wettrennen der gegenseitigen Anpassung – doch ohne Sex geschieht Anpassung nur durch Mutationen und damit viel zu langsam und unzuverlässig.
Deswegen, so diese Hypothese, kombinieren so viele Arten ihre Gene immer wieder neu: um einen Immunvorsprung vor den Parasiten zu haben, die sie plagen.

Zwei Geschlechter sind die Norm – aber nicht universell

Zum Sex braucht man mindestens zwei Geschlechter – aber es können auch mehr sein, zumindest bei einigen Einzellern.
Der Ciliat Tetrahymena thermophila kommt auf unglaubliche sieben unterschiedliche Geschlechter – wobei der Begriff Geschlecht bei einem Einzeller natürlich auch recht hoch gegriffen ist.
Den so genannten “mating type” bestimmen Erkennungsproteine an der Außenseite von Tetrahymena, die für den sexuellen Austausch von Genmaterial zwischen Einzellern notwendig sind und von denen es eben sieben Varianten gibt.

Warum der Mikroorganismus eine solche Vielfalt an diesen “mating types” bildet, ist unklar.
Auf jeden Fall können sich nur Ciliaten mit unterschiedlichem “mating type” erfolgreich paaren – analog zu den Geschlechtern komplexerer Tiere.
Die meiste Zeit ihrer Existenz aber vermehren sich die Einzeller durch schnöde Teilung – die sexuelle Vermehrung wird erst durch Stress ausgelöst.
Ein weiteres Beispiel dafür, dass sich Lebewesen den Aufwand nur im Notfall antun.

Bernhard LudwigTatsächlich ist Sex für Art und Individuum so kostspielig, dass einige Arten Methoden entwickelt haben, ihn zu vermeiden.
Im Prinzip geht es auch für große vielzellige Tiere ohne Sex, und zwar durch die so genannte Parthenogenese.

Dabei entstehen aus Eizellen mit dem doppelten Chromosomensatz (im Gegensatz zu geschlechtlichen Eizellen und Spermien, die nur je einen Chromosomensatz haben) direkt wieder weibliche Tiere, die genetisch Klone der Mutter sind.
Parthenogenese kommt in einer erstaunlichen Bandbreite von Tiergruppen vor: von Rädertierchen und Schnecken bis hin zu Echsen und sogar einzelnen Vogelarten wie den Truthühnern.
Einige Arten, zum Beispiel einige Wasserflöhe, können beides.

Je nach Bedingungen vermehren sie sich mit oder ohne Sex – wenn die Bedingungen gut sind, zählt die höhere Anzahl der Nachkommen durch Parthenogenese, in harten Zeiten erweist sich Genaustausch als sinnvoll.
Tatsächlich erstreckt sich in der Tierwelt zwischen Sex und kein Sex ein Kontinuum, in dem viele unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien verwirklicht sind. Lediglich höhere Säugetiere und Beuteltiere brauchen zur Fortpflanzung zwangsläufig Sex – bei ihnen macht es einen Unterschied, ob ein Allel von Mutter oder Vater kommt, deswegen brauchen sie beide Genome.

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